Bestehende Hypothek übernehmen oder weitergeben? - Das sollten Sie beachten
Die meisten Immobilien in der Schweiz sind mit langfristigen Festhypotheken finanziert. Das ist häufig der einfachste Weg für die Finanzierung des Traums der eigenen vier Wände. Das Leben spielt jedoch oft anders als gedacht, ganz gleich, ob Jobwechsel, Liebe, Familienplanung oder andere Gründe. Wer sein Haus vorzeitig veräussern möchte, sollte bei einer bestehenden Hypothek gerade vor dem Hintergrund steigender Hypothekenzinsen einiges beachten.
Wir verraten Ihnen, welche Möglichkeiten es gibt, wann sich die Übernahme oder Weitergabe einer Hypothek lohnt und welche Vor- und Nachteile Käufer und Verkäufer bei der Hypothekenübernahme haben.
Der Kauf einer Immobilie funktioniert ein wenig anders als der Gebrauchtwagenkauf. Immerhin ist eine Immobilie in den seltensten Fällen bar finanziert oder bereits völlig abbezahlt. Wäre das der Fall, könnten Sie sowohl als Käufer als auch als Verkäufer ganz klassisch «Ware» gegen «Geld» tauschen. Notariell beurkundet versteht sich.
In der Regel wurde für den Kauf oder den Bau einer Immobilie jedoch eine Hypothek aufgenommen, die sowohl an die Immobilie selbst als auch an den Eigentümer gebunden ist. Bei den meisten Finanzierungen von Immobilien in der Schweiz handelt es sich um sogenannte Festhypotheken. Dies ist eine Hypothek mit einem festen Zinssatz, die für eine feste Laufzeit abgeschlossen wird. Bei einem Verkauf oder einem Kauf muss eine Lösung gefunden werden, sofern die Laufzeit der bestehenden Hypothek über den Zeitpunkt des Eigentumswechsels hinausgeht.
Eine Möglichkeit ist der vorzeitige Ausstieg aus dem Darlehensvertrag. Das wiederum ist jedoch mit einer Vorfälligkeitsentschädigung verbunden. Dieser sogenannte Penalty ist eine Kompensation für den Kreditgeber, dem durch den Ausstieg ein vertraglich vereinbarter Zinsgewinn entgeht. Die andere Option besteht darin, dass die Käuferschaft die bestehende Hypothek übernimmt.
Die Frage danach, ob sich die Übernahme einer Hypothek vom Verkäufer lohnt, hängt von mehreren Faktoren ab. Für die meisten Interessenten spielt zunächst einmal der Verkäufer beziehungsweise. der Umstand des Verkaufs eine Rolle.
Kennen Sie den Verkäufer gut, ist die Übernahme meist nur eine Formsache. Am häufigsten ist hier die Übernahme der Hypothek von den Eltern beim Kauf des Elternhauses, sobald die Eltern beispielsweise in eine kleinere Wohnung ziehen. Allerdings sollten Sie auch hier die vier folgenden Faktoren unbedingt beachten:
1. Kreditinstitut: Der Kreditgeber ist bei der Finanzierung einer Immobilie entscheidend. Immerhin geht es häufig um sechsstellige Summen, sodass Vertrauen und Renommée nicht unter den Tisch fallen dürfen. Stellen Sie sich also vor der Übernahme die Frage, ob Sie mit dem Darlehensgeber langfristig einverstanden sind.
2. Zinssatz: Allem voran steht der vereinbarte Zinssatz einer laufenden Hypothek. Gerade bei Hypotheken, die bereits einige Jahre laufen, sind die Zinsen niedrig. Insbesondere vor dem Hintergrund der derzeit steigenden Hypothekenzinsen in der Schweiz lohnt sich die Übernahme oftmals.
3. Laufzeit: Auch die Restlaufzeit der Hypothek muss von Ihnen beim Kauf berücksichtigt werden. Diese bestimmt in Kombination mit dem Zinssatz nicht nur über die Zinskosten, sondern auch, wie lange Sie an die Hypothek gebunden sind. Ideal ist ein Szenario, in dem die Laufzeit so kurz ist, dass Sie die Immobilie bis über das Ende der Laufzeit hinaus behalten.
4. Pflichtamortisationen: Eine sogenannte Pflichtamortisation gibt es in der Schweiz für die Ersthypothek nicht. Hier gibt es keine gesetzlichen Regelungen, bis wann diese zurückgezahlt sein muss. Bei der Zweithypothek sieht das allerdings anders aus. Von einer Zweithypothek spricht man, wenn mehr als 66 Prozent des Immobilienpreises beliehen sind. In diesem Fall muss die Hypothek binnen 15 Jahre oder spätestens bis zum Eintritt der Pension zurückgezahlt sein. Achten Sie bei der Übernahme darauf, ob es sich um eine Erst- oder Zweithypothek handelt und ob durch die Übernahme eventuell eine Zweithypothek aufgenommen werden muss.
Für Käufer lohnt sich die Hypothekenübernahme in den meisten Fällen entweder direkt oder zumindest indirekt. Lohnenswert ist dieser Schritt für den Käufer dann, wenn der aktuelle Hypothekenzins höher liegt als der Zins der zu übernehmenden Hypothek. Durch die aktuelle Zinsentwicklung am Markt ist das zur Zeit nahezu immer der Fall.
Durch die Übernahme profitieren Käufer von niedrigeren monatlichen Fixkosten durch Zinszahlungen. Im Gegenzug profitieren sie jedoch steuerlich in geringerem Umfang. Immerhin sind auch die von der Steuer abziehbaren Zinskosten geringer. Die Hypothekenübernahme kann sich aber auch dann lohnen, wenn der Hypothekenzins höher ist als der derzeitige Marktzins. Warum?
Der Verkäufer hat schlussendlich ein hauptsächliches Interesse: Seine Immobilie bestmöglich zu verkaufen. Dementsprechend ist der Verhandlungsspielraum für Käufer etwas grösser. Ein höherer Hypothekenzins kann ein überzeugendes Argument dafür sein, dass der Verkäufer dem Käufer beim Preis ein wenig entgegenkommt. Immerhin wird für den Verkäufer sonst eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig, wenn niemand seine Hypothek übernimmt. Ein kleiner Preisnachlass an den Käufer ist hier meist deutlich günstiger als die Vorfälligkeitsentschädigung. Unter dem Strich lohnt sich die Hypothekenübernahme also für den Käufer und den Verkäufer.
In der Theorie ist eine Hypothekenübernahme in obenstehenden Fällen eine gute Lösung für beide Seiten. In der Realität ist es jedoch aktuell öfters der Fall, dass viele Kreditgeber die bestehenden Hypotheken der Verkäuferschaften nicht an die Käufer weitergeben wollen. Natürlich aus dem Grund, neue Hypotheken basierend auf den heutigen Zinsen abschliessen zu können. Hier gilt es vorgängig zu prüfen, ob der Kreditgeber bereit ist, die laufende Hypothek der Verkäuferschaft an die Käufer zu übertragen. Bei einer Absage gestalten die Kreditgeber dafür die Ausstiegskonditionen (Penalty) für die Verkäuferschaft oft attraktiver.
Übernehmen Sie nur Hypotheken von Kreditgebern, denen Sie vertrauen
Achten Sie darauf, dass der Hypothekenzins möglichst günstiger ist als der aktuelle Marktzins
Verhandeln Sie über den Kaufpreis, wenn der Hypothekenzins über dem Marktzins liegt
Übernehmen Sie möglichst eine Immobilie, deren geplante Nutzungsdauer länger ist als die Laufzeit der zu übernehmenden Hypothek.
Beachten Sie als Verkäufer immer die mögliche Vorfälligkeitsentschädigung (Penalty)
Beachten Sie, ob es sich um eine Ersthypothek oder Zweithypothek handelt und ob allenfalls eine Zweithypothek aufgenommen werden muss und zu welchen Konditionen
Übernehmen Sie eine Hypothek beim Immobilienkauf niemals ungeprüft
Lassen Sie sich vor der Übernahme einer Hypothek immer durch einen Experten beraten